Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser – heute das erste Vorwort von mir für unsere Zeitschrift.
Abwarten und Tee trinken – ein wunderbares russisches Sprichwort, das fällt mir beim Thema „Zeit“ ein, sich erst einmal besinnen und überlegen, wie eine Aufgabe oder ein Problem gelöst werden kann.
Letzten November malte ich das Bild mit dem Samowar. Es ist wieder die Sehnsucht nach Ruhe und Harmonie mit den Menschen, Sehnsucht nach schönen Erinnerungen und Gesprächen. Wenn der Samowar auf dem Tisch steht, daneben die Teekanne, eine Zitrone, Tassen, etwas Süßes… Das erinnert mich an die Aufenthalte in einer Familie in Moskau seit 1983. Der Kontakt besteht jetzt vor allem telefonisch. Meine geplante Reise musste ich schon zweimal verschieben, zuletzt wegen der Pandemie.
Ende 2020 ziehe ich Bilanz : Was war gut in dem Jahr? Wie mache ich weiter? Was ist mir wichtig? Ich habe meine Gesundheit verbessert, bin innerhalb Deutschlands an Orte gereist, die wunderbare Kunst und Kultur und Natur bieten, habe viel fotografiert und gemalt. So entstanden fast 20 Bilder, meistens mit Acrylfarben. Den Samowar habe ich mit Fingern gemalt – ein fantastisches Erlebnis ist es, zu spüren, wie der Gegenstand unter den Fingern, ohne Vorzeichnung, entsteht. Ich bin ganz nah am Objekt und der Leinwand, das Gefühl der Verbundenheit in mir kann ich kaum beschreiben. Auf Reisen und auf Ausstellungen lerne ich Menschen kennen, mit denen mich etwas verbindet: der Genuss an der Kunst, an etwas Schönem.
Im November sollte meine erste alleinige Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet werden. Der zweite Lockdown verhinderte es. Trotzdem hat mich die Pandemie nicht wesentlich negativ beeinflusst. Vor über vier Jahren entschied ich, keinen TV mehr einzuschalten, also seitdem sehe ich keine Nachrichten mehr im Fernsehen. Was ich wissen muss, lese ich im Internet, trage eine Maske, lasse mich in keine Diskussionen hinein ziehen, denn die Bestimmungen kann ich nicht beeinflussen. Wer bin ich, dass ich über den Wahrheitsgehalt zu Covid-19 mich äußern kann? Dass viele Menschen ihre persönliche Freiheit in Gefahr sehen, deswegen demonstrieren… Das erinnert mich an ein kleines Kind, das mit dem Fuß aufstampft und sagt: „Ich will aber… Ich will haben…!“ Gitte Henning sang in den 80ern :“Ich will alles – ich will alles – und zwar sofort…“ Darauf baut unsere Wirtschaft, den Menschen weismachen, dass sie etwas brauchen und dass sie es sofort bekommen können. Die Wirtschaft „muss“ wachsen… Wohin denn? Welchen Sinn macht es? Die Bodenschätze werden ausgebeutet, Energie verbraucht, Wasser verschmutzt, Luft wird dreckig… Das alles müssen wir für kommende Generationen erhalten. Der Regenwald brennt seit über 40 Jahren! Er wird zu einer Wüste, wenn das so weiter geht. Die GRÜNE LUNGE der Menschheit ist in Gefahr. Wir müssen anders handeln und leben. Welchen Weg gehe ich in diesem Jahr? Für positive Erlebnisse und gute Gefühle bin ich selber verantwortlich, das erlebte ich im vergangenen Jahr intensiv. Vor mehr als vier Jahren schon hatte ich mich zur Ausstellung angemeldet, der Ausweichtermin ist im August 2021. Ich bin mutig und habe sogar zwei Etagen für August gemietet. Was lange währt, wird gut. Und jetzt, liebe Leser, nehme ich den Pinsel in die Hand… Die Zeit läuft. Mir gefällt das chinesische Sprichwort : „Wenn du es eilig hast, dann mache einen Umweg.“
Ich wünsche allen Zeit, Geduld und Gelassenheit für’s Leben.
Anne im Januar 2021